Die Lichtbrechung ist ein Phänomen der Physik, welches uns alltäglich umgibt, ohne dass wir uns darüber Gedanken machen. Aber wie funktioniert das Brechen von Lichtwellen genau? In diesem Artikel tauchen wir tief in die physikalischen Grundlagen ein und untersuchen praktische Anwendungen dieses faszinierenden Phänomens.
Was ist Refraktion (Lichtbrechung)?
Refraktion ist die Biegung einer Welle, wenn sie in ein Medium eintritt, in dem ihre Geschwindigkeit unterschiedlich ist. Die Brechung von Licht beim Übergang von einem schnellen Medium in ein langsames Medium beugt den Lichtstrahl in Richtung der Normalen auf die Grenze zwischen den beiden Medien.
Das Ausmaß der Biegung hängt von den Brechungsindizes der beiden Medien ab und wird quantitativ durch das Snell’sche Gesetz beschrieben.
Daher können wir definieren:
- Refraktion ist die Richtungsänderung einer Welle, die von einem Medium in ein anderes übergeht.
Die Brechung von Licht ist eines der am häufigsten beobachteten Phänomene, aber auch andere Wellen wie Schallwellen und Wasserwellen erfahren Brechung.
Ursachen der Refraktion
Die Ursache der Lichtbrechung ist wie folgt:
- Die Frequenz des gebrochenen Lichtstrahls bleibt konstant.
- Aufgrund der Teilreflexion und Absorption des Lichts an der Grenzfläche ist die Intensität des gebrochenen Lichtstrahls geringer als die des einfallenden Lichtstrahls.
- Wenn das Licht die Grenze zwischen zwei verschiedenen Medien überquert, kommt es zu einer Ablenkung des Lichts, was zu einer solchen Brechung führt, dass es zu einer Änderung der Wellenlänge und der Lichtgeschwindigkeit kommt.
Geschwindigkeitsänderung = Richtungsänderung
Licht wird immer dann gebrochen, wenn es unter einem Winkel in eine Substanz mit einem anderen Brechungsindex (optische Dichte) eintritt.
Diese Richtungsänderung wird durch eine Änderung der Geschwindigkeit verursacht. Wenn Licht zum Beispiel von Luft in Wasser eintritt, wird es langsamer, wodurch es sich unter einem anderen Winkel oder in eine andere Richtung weiterbewegt.
Wie stark wird Licht gebeugt?
Das Ausmaß der Biegung hängt von zwei Dingen ab:
- Änderung der Geschwindigkeit – wenn eine Substanz bewirkt, dass das Licht stärker beschleunigt oder verlangsamt wird, wird es stärker gebrochen (gebogen).
- Winkel des einfallenden Strahls – wenn das Licht unter einem größeren Winkel in die Substanz eintritt, wird die Lichtbrechung auch stärker bemerkbar sein. Wenn das Licht dagegen von geradeaus in die neue Substanz eintritt (bei 90° zur Oberfläche), wird das Licht zwar immer noch langsamer, aber es ändert seine Richtung überhaupt nicht.
Gesetze der Lichtbrechung
Das Licht-Brechungsgesetz trifft folgende Grundaussagen:
- Der einfallende Lichtstrahl wird gebrochen, und die Normale zur Grenzfläche zweier Medien am Einfallspunkt liegen alle auf derselben Ebene.
- Das Verhältnis des Sinus des Einfallswinkels zum Sinus des Brechungswinkels ist eine Konstante. Dies ist auch als Snell’sches Brechungsgesetz oder Snelliussches Gesetz bekannt.
sin𝑖 / sin𝑟 = Konstante
Das Snell’sche Gesetz beschreibt in der Optik die Beziehung zwischen dem Weg, den ein Lichtstrahl beim Überqueren der Trenngrenze oder Trennfläche zwischen zwei sich berührenden Substanzen nimmt, und dem Brechungsindex jeder dieser Substanzen.
Dieses Gesetz wurde 1621 von dem niederländischen Astronomen und Mathematiker Willebrord Snell (auch Snellius genannt) entdeckt. Die Darstellung von Snells Gesetz blieb unveröffentlicht, bis es von Christiaan Huygens in seiner Abhandlung über das Licht erwähnt wurde.
Mathematische Formulierung des Snell’schen Gesetzes
In seiner präzisesten Form lässt sich das Snell’sche Gesetz folgendermaßen ausdrücken:
n₁·sin(θ₁) = n₂·sin(θ₂)
Hierbei sind:
- n₁ = Brechungsindex des ersten Mediums
- n₂ = Brechungsindex des zweiten Mediums
- θ₁ = Einfallswinkel (gemessen zur Normalen)
- θ₂ = Brechungswinkel (gemessen zur Normalen)
Die Konstante des Verhältnisses wird als relatives Brechungsverhältnis (n₂₁) bezeichnet und kann wie folgt ausgedrückt werden:
n₂₁ = n₂/n₁ = sin(θ₁)/sin(θ₂)
Brechungsindex transparenter Substanzen
Verschiedene transparente Materialien haben einen unterschiedlichen Brechungsindex. Hier sind Beispiele für den Brechungsindex in verschiedenen transparenten Materialien:
Substanz / Medium | Brechungsindex | Lichtgeschwindigkeit in der Substanz (× 1.000.000 m/s) | Brechungswinkel, wenn einfallender Strahl bei 20º eintritt |
---|---|---|---|
Luft | 1,003 | 300 | 20,00 |
Wasser | 1,332 | 261 | 4,90 |
Glas | 1,502 | 200 | 3,20 |
Diamant | 2,401 | 258 | 8,20 |
Quarzglas | 1,462 | 205 | 3,60 |
Glyzerin | 1,472 | 240 | 3,50 |
Ethanol | 1,362 | 201 | 4,60 |
Plexiglas | 1,492 | 210 | 3,30 |
Saphir | 1,771 | 691 | 1,20 |
Rubin | 1,761 | 701 | 1,30 |
Alle Winkel werden von einer imaginären Linie gemessen, die im Winkel von 90° zur Oberfläche der beiden Substanzen verläuft. Diese Linie wird als gepunktete Linie gezeichnet und als Normale bezeichnet.
Wenn Licht in eine Substanz mit einem höheren Brechungsindex eintritt (z.B. von Luft in Glas), wird es langsamer. Das Licht beugt sich in Richtung der Normalen.
Wenn Licht in eine Substanz mit einem niedrigeren Brechungsindex eintritt (z.B. von Wasser in Luft), wird es schneller. Das Licht krümmt sich von der Normalen weg.
Ein höherer Brechungsindex zeigt, dass das Licht beim Eintritt in die Substanz langsamer wird und seine Richtung stärker ändert.
Temperaturabhängigkeit des Brechungsindex
Der Brechungsindex ist nicht nur materialabhängig, sondern variiert auch mit der Temperatur. Bei den meisten Materialien nimmt der Brechungsindex mit steigender Temperatur ab. Für Wasser gilt beispielsweise folgende Näherungsformel:
n(T) = 1,33350 – 1,54·10⁻⁴ · (T – 20°C)
Dies bedeutet, dass bei einer Temperaturerhöhung von 20°C auf 30°C der Brechungsindex von Wasser um etwa 0,00154 abnimmt.
Effekte der Lichtbrechung
- Das Funkeln der Sterne ist auf die Lichtbrechung in der Atmosphäre der Erde zurückzuführen.
- Täuschung und sich abzeichnende Sterne sind optische Täuschungen, die auf die Lichtbrechung zurückzuführen sind.
- Ein Schwimmbecken sieht immer flacher aus, als es in Wirklichkeit ist, weil das vom Beckenboden kommende Licht durch Lichtbrechung an der Oberfläche gebeugt wird.
Atmosphärische Refraktion
Die Erdatmosphäre weist einen Dichtegradienten auf, der von der Erdoberfläche nach oben hin abnimmt. Dies führt zu einem variierenden Brechungsindex der Luft, wodurch Lichtstrahlen gekrümmt werden. Die wichtigsten Effekte sind:
- Astronomische Refraktion: Die Sonne oder der Mond erscheinen bereits über dem Horizont, wenn sie geometrisch noch unterhalb liegen. Bei Horizontnähe beträgt diese Verschiebung etwa 0,6°, was einer scheinbaren Anhebung um etwas mehr als den eigenen Durchmesser entspricht.
- Terrestrische Refraktion: Bei der Landvermessung muss die Krümmung der Lichtstrahlen berücksichtigt werden. Der Refraktionskoeffizient (k) liegt typischerweise bei etwa 0,13, variiert aber je nach Wetterbedingungen zwischen 0,04 und 0,20.
- Luftspiegelungen: Bei extremen Temperaturgradienten entstehen Fata Morganas. Eine Temperaturdifferenz von nur 1°C pro Meter Höhe kann ausreichen, um deutlich sichtbare Luftspiegelungen zu erzeugen.
Lichtbrechung von Linsen
Eine Linse ist einfach ein gebogener Block aus Glas oder Kunststoff. Es gibt zwei Arten von Linsen.
- Eine bikonvexe Linse ist in der Mitte dicker als an den Rändern. Diese Art von Linse wird für ein Vergrößerungsglas verwendet. Parallele Lichtstrahlen können auf einen Brennpunkt fokussiert werden. Eine bikonvexe Linse wird als Sammellinse bezeichnet.
- Die Kurven einer bikonkaven Linse sind in der Mitte dünner als an den Rändern. Die Lichtstrahlen werden beim Eintritt in die Linse nach außen gebrochen (auseinandergezogen) und beim Austritt wieder gebrochen.
Brennweite und Brechkraft
Die Brennweite (f) einer Linse ist der Abstand zwischen der Linse und dem Punkt, an dem parallele Lichtstrahlen gebündelt werden. Die Brechkraft (D) ist der Kehrwert der Brennweite in Metern und wird in Dioptrien gemessen:
D = 1/f
Beispiele für Brechkräfte:
- Lesebrille: +2,5 dpt (Brennweite 40 cm)
- Kontaktlinse bei starker Kurzsichtigkeit: -8,0 dpt
- Objektiv einer Kamera: +50 dpt (Brennweite 2 cm)
Die Linsengleichung verbindet Gegenstandsweite (g), Bildweite (b) und Brennweite (f):
1/g + 1/b = 1/f
Lichtspektrum durch Refraktion
Isaac Newton führte ein berühmtes Experiment durch, bei dem ein dreieckiger Glasblock, ein so genanntes Prisma, verwendet wurde. Er nutzte das durch sein Fenster einfallende Sonnenlicht, um auf der gegenüberliegenden Seite seines Zimmers ein Farbspektrum zu erzeugen.
Dieses Experiment zeigte, dass weißes Licht tatsächlich aus allen Farben des Regenbogens besteht. An diese sieben Farben erinnert das Akronym ROY G BIV – Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett.
Newton zeigte, dass jede dieser Farben nicht in andere Farben umgewandelt werden kann. Er zeigte auch, dass sie rekombiniert werden können, um wieder weißes Licht zu erzeugen.

Die Erklärung für die Trennung der Farben ist, dass das Licht aus Wellen besteht. Rotes Licht hat eine längere Wellenlänge als violettes Licht. Der Brechungsindex für rotes Licht in Glas ist etwas anders als der für violettes Licht. Violettes Licht wird noch stärker verlangsamt als rotes Licht, so dass es unter einem etwas größeren Winkel gebrochen wird.
Der Brechungsindex von rotem Licht in Glas beträgt 1,513. Der Brechungsindex von violettem Licht liegt bei 1,532. Dieser geringe Unterschied reicht aus, damit die kürzeren Wellenlängen des Lichts stärker gebrochen werden.
Wellenlängen des sichtbaren Lichts
Farbe | Wellenlängenbereich (nm) | Brechungsindex in BK7-Glas |
---|---|---|
Rot | 625-740 | 1,513 |
Orange | 590-625 | 1,515 |
Gelb | 565-590 | 1,517 |
Grün | 520-565 | 1,519 |
Blau | 450-520 | 1,523 |
Indigo | 425-450 | 1,528 |
Violett | 380-425 | 1,532 |
Diese spektrale Dispersion wird in vielen optischen Instrumenten genutzt, kann aber auch unerwünschte Auswirkungen haben, wie chromatische Aberration in Linsen.
Der Regenbogen
Ein Regenbogen entsteht ebenfalls durch Lichtbrechung, weil sich jede Farbe beim Eintritt in den Raum unter leicht unterschiedlichen Winkeln bricht, von innen reflektiert wird und dann jeden winzigen Regentropfen wieder verlässt.
Ein Regenbogen lässt sich leicht mit einer Sprühflasche und dem Sonnenschein erzeugen. Das Zentrum des Kreises des Regenbogens wird immer der Schatten des eigenen Kopfes auf dem Boden sein.

Der sekundäre Regenbogen, der manchmal zu sehen ist, wird dadurch verursacht, dass jeder Lichtstrahl zweimal an der Innenseite jedes Tropfens reflektiert wird, bevor er austritt. Diese zweite Reflexion bewirkt eine Umkehrung der Farben auf dem sekundären Regenbogen. Beim primären Regenbogen ist Rot oben, beim sekundären Regenbogen ist Rot unten.
Physikalische Daten zum Regenbogen:
- Primärer Regenbogen: Winkel von 42° zum einfallenden Sonnenlicht
- Sekundärer Regenbogen: Winkel von 51° zum einfallenden Sonnenlicht
- Alexander’sches dunkles Band: Bereich zwischen primärem und sekundärem Regenbogen (ca. 9° breit)
- Optimale Tropfengröße für intensive Regenbögen: 0,5-1,0 mm Durchmesser
Praktische Anwendungen der Lichtbrechung
Optische Instrumente
Die präzise Kontrolle der Lichtbrechung ist die Grundlage für zahlreiche optische Instrumente:
- Brillen und Kontaktlinsen: Korrigieren Fehlsichtigkeiten durch gezielte Lichtbrechung.
- Myopie (Kurzsichtigkeit): Zerstreuungslinsen mit -0,5 bis -20 dpt
- Hyperopie (Weitsichtigkeit): Sammellinsen mit +0,5 bis +8 dpt
- Astigmatismus: Zylindrische oder torische Linsen
- Fotografie: Objektive nutzen komplexe Linsensysteme zur Korrektur von Aberrationen.
- Standardobjektiv (50mm): Typisch 4-7 Linsenelemente
- Weitwinkelobjektiv: Höhere Brechkraft, stärkere Randverzerrung
- Teleobjektiv: Geringere Brechkraft, komprimierte Perspektive
- Mikroskope: Erreichen Vergrößerungen von bis zu 2000×.
- Numerische Apertur (NA): Maß für das Auflösungsvermögen, typisch 0,1 bis 1,4
- Immersionstechnik: Erhöht die effektive NA durch Öl mit n ≈ 1,5
- Teleskope: Nutzen Brechung (Refraktor) oder Reflexion (Reflektor) zur Vergrößerung.
- Apochromate: Spezielle Linsenkombinationen zur Minimierung chromatischer Aberration
- Brechkraft des Objektivs bei Amateurteleskopen: Typisch 0,05 bis 0,2 dpt
Faseroptik
Die Totalreflexion, ein Spezialfall der Lichtbrechung, ermöglicht die Datenübertragung in Glasfasern:
- Typischer Brechungsindex des Kerns: 1,47 bis 1,50
- Typischer Brechungsindex des Mantels: 1,46 bis 1,49
- Kritischer Winkel für Totalreflexion: Etwa 80° zur Achse
- Bandbreite: Bis zu 50 Terabit pro Sekunde
- Dämpfung: Nur 0,2 dB/km bei 1550 nm Wellenlänge
Medizinische Anwendungen
- Endoskopie: Flexible Faserbündel leiten Licht in den Körper und Bilder zurück.
- Laserchirurgie: Präzise Fokussierung von Laserstrahlen durch spezielle Linsen.
- Optische Kohärenztomographie (OCT): Erzeugt Schnittbilder der Netzhaut mit einer axialen Auflösung von nur 5-10 µm.
Fazit: Die Allgegenwart der Lichtbrechung
Die Lichtbrechung ist ein fundamentales physikalisches Phänomen, das unser tägliches Leben in vielfältiger Weise beeinflusst. Von der natürlichen Schönheit des Regenbogens bis hin zu hochentwickelten optischen Technologien – das Verständnis der Refraktion hat uns ermöglicht, Licht zu kontrollieren und für unsere Zwecke zu nutzen.
Moderne Forschung erweitert unser Verständnis ständig, insbesondere im Bereich der nichtlinearen Optik und Metamaterialien mit künstlich erzeugten Brechungsindizes. Diese neuen Materialien könnten eines Tages sogar negative Brechungsindizes aufweisen und damit Phänomene ermöglichen, die heute noch wie Science-Fiction erscheinen.
Letztes Update des Artikels: 17. März 2025